Das Problem mit den Serien

WANTED

     


"Dr. House" ist sicher eine unterhaltsame und teilweise auch lehrreiche - weil gut recherchierte - Serie. Allerdings stellt sie uns Mediziner vor ein Problem, daß ich Ihnen anhand einer Episode aus dem Notarztkurs anschaulich machen will:


2 - 300 Mediziner sitzen im Saal und hören, wie der Vortragende von einer Studie berichtet, die sich mit dem Outcome von Reanimationen beschäftigte. In dieser Studie hätten mehr als die Hälfte der Patienten die Reanimationen überlebt. Und das nicht nur primär, sondern auch sekundär und mit höchstens geringen Folgeschäden. Unter den erfolgreich Reanimierten hätten sich auch zahlreiche polytraumatisierte Patienten befunden. Auf die Frage des Vortagenden - " Was haben die anders gemacht als wir?" - macht sich betretenes Schweigen im Saal breit, weil alle Kolleginnen und Kollegen wissen, daß die Zahlen der derart gut Überlebenden einen wesentlich geringeren Teil ausmachen.


Die Lösung: ein paar Studenten haben sich die Mediziner-Serien (Emergency Room,..... ) angesehen und analysiert. Das Ergebnis war das oben angeführte, dtl. realitätsferne Bild von Reanimationen.


Damit sind wir beim Problem: Das Bild, das der Bevölkerung suggeriert wird, ist das, daß (fast) alles machbar und heilbar ist. Nur ... so ist es leider nicht!!
  
Allein die Tatsache, daß Medikamente, die hauptsächlich an jungen gesunden Männern erprobt wurden, bei alten Damen entsprechend vorhersehbar wirken sollen, läßt erahnen, daß die Sache nicht so einfach sein wird. (Ich weiß, der Vergleich ist alt. Leider gilt er aber für die meisten dzt. verwendeten Medikamente immer noch!)
   
Seltene Erkrankungen werden in Serien gerne souverän diagnostiziert. Allein die Wahrheit sieht leider oft anders aus: Patienten werden von A nach B geschickt, ohne daß es zu einer Diagnosestellung kommt; Befunde werden übersehen; bei eindeutig gefährlichen Entwicklungen wird (fast) zu spät reagiert; ...
    
Auch in Zeiten von Internet und globaler Vernetzung hängt viel von der Persönlichkeit der Ärztin / des Arztes ab: Gewissenhaftigkeit, das Wissen um die eigenen Grenzen und um die Fähigkeiten von KollegInnen sowie die Fähigkeit, Rat und Hilfe zu suchen und annehmen zu können sind entscheidende Faktoren zur erfolgreichen Diagnosestellung und Behandlung.
   
Wir brauchen in der Medizin weniger geniale Autisten als vielmehr Teamspieler, die ihr Team den Erfordernissen der PatientInnen anpassen können.


Das heißt aber auch, daß man als Patient oder Angehöriger von ÄrztInnen nicht verlangen kann, immer auf alles eine adäquate Antwort parat zu haben. Auch wenn man vieles im Internet nachschlagen kann: für die richtige Bewertung des Gelesenen, reicht es oft nicht aus, die Buchstaben richtig aneinanderreihen zu können. Dafür ist fachliche Ausbildung oft unumgänglich. Ein nicht selten übersehenes Detail.
  
In diesem Sinn möchte ich hier eine Lanze brechen für einen 

vorurteilsfreien, respektvollen Umgang

sowohl zwischen PatientInnen und ÄrztInnen

als auch

unter ÄrztInnen.









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